Herbrecht Josef Reinhardt wurde am 10. Juni 1927 in Stuttgart als Sohn des Kapellmeisters Rudolf Reinhardt und seiner Frau Anna geboren. Er hatte fünf Geschwister: Siegfried, Martin, Margarete, Rigo und Adolf. Eine Freundin der Familie berichtete von dem großen musikalischen Talent aller Familienmitglieder und einem harmonischen Miteinander.
Als Sinti wurden Herbrecht Reinhardt und seine Familie in der NS-Zeit verfolgt. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs durften sich „Zigeunerinnen“ und „Zigeuner“ nicht mehr frei bewegen, sondern mussten an dem Ort bleiben, an dem sie sich gerade befanden. Im Sommer 1940 konnte die Familie Reinhardt von Fürstenfeldbruck nach München ziehen. Ihre letzte Adresse war die Perlacher Straße 100 (heute Sintpertstraße 9 bis 15) in einer Gartenkolonie.
1942 wurde die Familie getrennt: Im Sommer 1942 ließ die Münchner Kriminalpolizei Herbrechts Vater Rudolf Reinhardt in das Konzentrationslager Flossenbürg deportieren; die SS ermordete ihn nur wenige Monate später. Im selben Jahr wurde der 15-jährige Herbrecht zusammen mit seinem ein Jahr jüngeren Bruder Martin in das Piusheim bei Glonn gebracht. Grundsätzlich mussten in der NS-Zeit zahlreiche junge Sinti und Roma ihre Familien verlassen und wurden zwangsweise in religiöse Erziehungsanstalten eingewiesen. Im Piusheim waren die „minderwertigen“ Kinder und Jugendlichen brutalen Prügel- und Arreststrafen ausgesetzt. Einige wurden zwangssterilisiert oder in „Jugend-Schutzlager“ verschleppt. Herbrecht und Martin Reinhardt übergab die Heimleitung am 8. März 1943 der Münchner Kriminalpolizei. Sie wurden am 13. März 1943 zusammen mit ihrer Mutter Anna Reinhardt und ihren Geschwistern Margarete, Rigo und Adolf ins „Zigeunerlager“ des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau deportiert. Dort ermordete die SS Herbrecht Reinhardt im Frühjahr 1944. Auch seine Mutter und seine Geschwister überlebten den Völkermord an den Sinti und Roma nicht. (Text Sarah Grandke, Lektorat C. Fritsche)