Elisabeth (Lisl) Springer kam am 2. März 1904 als Tochter des Kaufmanns David Springer und seiner Frau Dorline, geborene. Maier, in München zur Welt. Zusammen mit ihrer älteren Schwester Anna (Anny) wuchs sie im Rosental 19 (heute Sendlinger Straße 3) auf. Lisl Springer studierte Wandmalerei und Keramik an der Städtischen Malschule in der Westenriederstraße und ließ sich im städtischen Kindergartenseminar zur geprüften Kindergärtnerin ausbilden. Sie nahm privaten Schauspielunterricht und bestand 1931 die Schauspielprüfung des Deutschen Bühnenvereins. Seit den späten 1920er Jahren war Lisl Springer Mitglied im progressiven Künstlerverband „Die Juryfreien“ und der Ortsgruppe München im Jüdischen Kulturbund in Bayern. Sie stellte ihre Werke unter anderem im Münchner Glaspalast aus.
Mit Beginn der NS-Herrschaft hatte Lisl Springer als jüdische Künstlerin kaum noch Möglichkeiten aufzutreten und auszustellen. Von 1935 bis 1937 war sie eines der jüngsten Mitglieder des Münchner Marionettentheaters im Jüdischen Kulturbund. 1936 zeigte sie bei der „Reichsausstellung jüdischer Künstler“ im Jüdischen Museum in Berlin Skulpturen, Spielkarten und Masken. Im darauffolgenden Jahr verließ sie München, um festes Mitglied im Schauspielensemble des Jüdischen Kulturbundes Hamburg zu werden. Nach dessen Schließung kehrte Lisl Springer 1939 nach München zurück und musste bei der Münchner Druckerei Opacher Zwangsarbeit leisten. 1939 heiratete sie den Schriftsteller Joseph Weiss; die kurze Ehe stand vielleicht mit ihren Emigrationsbemühungen in Zusammenhang. Ansonsten blieb sie alleinstehend. Nach dem Krieg erfuhr ihre Schwester aus zuverlässiger Quelle, dass Lisl Springer lesbisch gewesen war. Sie selbst hat dies ihrer Familie nie erzählt.
1939 musste Lisl Springer vom Rosental 19 in eine sogenannte „Judenwohnung“ in der Landwehrstraße 44 ziehen. Sie erhielt zwar am 7. Juli 1941 eine Einreisegenehmigung für die USA, doch die deutschen Behörden verwehrten ihr die Ausreise. Am 20. November 1941 wurde sie zusammen mit ihrem ehemaligen Mann Joseph Weiss und rund 1.000 weiteren jüdischen Männern, Frauen und Kindern von München nach Kaunas in Litauen deportiert und dort am 25. November 1941 ermordet. Von Lisl Springers Werken sind lediglich ein kleiner modellierter Kopf, ein Aquarell und eine Zeichnung von einem Jungen mit Pferden erhalten. Eine unvollendete Wandmalerei und einige Skulpturen sind nur durch Fotografien bekannt.
Lisls Schwester Anny Rosenthal, geb. Springer ist 1936 mit ihrem Mann und deren beiden Söhnen in die USA emigriert. Die Familie ließ sich in Chicago nieder. Trotz ihren Bemühungen, ein neues Leben für sich aufzubauen, überwand Anny letztlich den Verlust ihrer Mutter Dorline und ihrer Schwester Lisl nicht. Sie litt unter Alpträumen und Depressionen und beging 1968 kurz vor ihrem 70. Geburtstag Selbstmord – ein spätes Opfer der Shoah. (Text: Judith Rosenthal; Lektorat: C. Fritsche)