Julie Weinmann lebte ein großbürgerliches Leben, engagierte sich in mehreren Stiftungen für soziale Zwecke und empfing gemeinsam mit ihrem Ehemann in ihrer Villa am Starnberger See viele Künstler. Heute ist diese Villa bekannt als Haus Buchenried der Münchner Volkshochschule. Ihre letzen Lebensmonate verbrachte Julie Weinmann in der Wohnung von Carry Brachvogel, wo sie 1936 starb.
Nach dem Tod ihres Mannes musste Carry (Karoline) Brachvogel allein für ihre kleinen Kinder sorgen. Um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, begann sie zu schreiben und veröffentlichte als erfolgreiche Schriftstellerin über 40 Romane, Biografien und Artikel. Jahrzehnte lang war sie Vorsitzende des Münchner Vereins für Fraueninteressen, bevor sie die Nationalsozialisten zum Rücktritt zwangen und sie den Verein verlassen musste.
Auch ihr Bruder Prof. Dr. Siegmund Hellmann lebte bei ihr. Nachdem die Nationalsozialisten ihn 1933 gezwungen hatten, seine Professur in Leipzig aufzugeben, kehrte er nach München zurück und lebte bei seiner Schwester Carry Brachvogel. Im Juli 1942 wurden die Geschwister in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie beide kurze Zeit später starben.
Am Donnerstag, den 11. Juli 2024 fand in der Seidlvilla eine Gedenkveranstaltung für Carry (Karoline) Brachvogel, Julie Weinmann und Prof. Dr. Siegmund Hellmann statt. Gabriele Wiesmüller von der Seidlvilla begrüßte die Anwesenden, Stadtrat Stefan Jagel sprach ein Grußwort in Vertretung des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt München. Dr. h.c. mult. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern erinnerte daran, dass die Vertreibung der Jüdinnen und Juden vor den Augen ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger stattfand. Die Initiatorin der Erinnerungszeichen, Dr. Eva Strauß von Stattreisen München e.V., stellte die Biografien vor. Thomas Schütte, Leiter des Literaturarchivs der Monacensia im Hildebrandhaus, stellte Teile des Nachlasses von Carry Brachvogel vor. Christian Haager vom Haus Buchenried der Münchner Volkshochschule las aus dem Gästebuch von Julie Weinmann vor, in das sich viele zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler eingetragen hatten. Zum Abschluss mahnte Thomas Rock vom Bezirksausschuss Schwabing-West, wie wichtig angesichts der erschreckenden Wahlerfolge rechtsradikaler Parteien bei der Europawahl ein aktives Engagement für das Gedenken an die Opfer der NS-Verfolgung ist. Den musikalischen Rahmen für die Veranstaltung gestalteten Tabea Well (Violine) und Anna-Sophia Kraus (Violine).
Im Anschluss wurden die Erinnerungszeichen für Carry Brachvogel, Julie Weinmann und Prof. Dr. Siegmund Hellmann an deren ehemaligen Wohnort angebracht.