Irene Gundelfinger kam als drittes Kind von Benno und Jenny Gundelfinger am 4. Januar 1900 im südafrikanischen Kapstadt zur Welt. Weil Irenes Mutter dort nicht glücklich war, kehrte die Familie nach Europa zurück und lebte erst in Paris und London und schließlich in München. Irene war künstlerisch sehr begabt, wie erhalten gebliebene Bilder von ihr zeigen. 1925 lernte sie auf einem Ball den Samt- und Seide-Großhändler Wilhelm Neuburger kennen. Ein Jahr später heirateten sie und bekamen zwei Töchter: Erica Else, 1927 geboren, und Marion Therese, 1930 geboren. Die Neuburgers lebten in einer Villa in der Innstraße 18.
Mit der „Machtübernahme“ durch die Nationalsozialisten änderte sich das Leben der jüdischen Familie grundlegend. Ende 1936 emigrierten Irene und Wilhelm Neuburger mit ihren Töchtern nach Amsterdam. Als Deutschland am 10. Mai 1940 die Niederlande besetzte, waren die Neuburgers zahlreichen Repressalien ausgesetzt und mussten unter anderem ihren Schmuck abliefern. Am 30. Dezember 1942 wurde Irene Neuburger zusammen mit ihrem Mann und ihren Töchtern in das Amsterdamer Sammellager „Hollandsche Schouwburg“ gebracht und von dort aus am 14. Januar 1943 in das Transitlager Kamp Westerbork. Weil Irene Neuburgers in der Schweiz lebende Mutter Pässe für Uruguay für sie besorgt hatte und Irene Neuburger seit ihrer Geburt einen englischen Pass besaß, entging die Familie der Deportation in das Vernichtungslager Auschwitz. Im Februar 1944 verschleppte die SS Irene Neuburger zusammen mit Wilhelm, Erica und Marion Neuburger in das Konzentrationslager Bergen-Belsen. Wegen der ausländischen Pässe galten sie als „Vorzugshäftlinge“ und kamen in das sogenannte Austauschlager für jüdische Geiselhäftlinge. Dort starb Irene Neuburger am 28. November 1944 an einer unbehandelten Blutvergiftung. Auch ihr Mann Wilhelm überlebte die Shoah nicht: Er wurde am 22. Januar 1945 im KZ Bergen-Belsen ermordet. Erica und Marion wurden bei Riesa auf einem Todesmarsch von der Roten Armee befreit. Sie zogen nach Kriegsende zu ihrer Großmutter in die Schweiz. (Text Irene Shilling, Lektorat C. Fritsche)