„Auch kannte jeder, der ihm nähertrat, seinen guten Charakter, seine Sorgfalt und Gründlichkeit, seine Güte und Selbstlosigkeit, aber auch seine wunderlichen Eigenheiten“, so schilderte Helene Wintgen ihren Freund Paul Hirsch. Er kam am 23. Juli 1885 als Sohn des Bankiers Hermann Hirsch und seiner Frau Auguste, geborene Amschel, in Augsburg zur Welt. Paul Hirsch und seine vier Geschwister wuchsen in wohlhabenden Verhältnissen auf. Er studierte in Zürich, Dresden und München Maschinenbau und war anschließend wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der Modell-Versuchsanstalt für Aerodynamik in Göttingen. 1920 schloss er seine Dissertation im Fach Physik ab. Nach der Promotion ging Paul Hirsch keinem Beruf nach, sondern reiste viel und betätigte sich als Schriftsteller. Daneben war er hochmusikalisch und spielte sehr gut Geige. In München lebte er wie seine Mutter Auguste Hirsch zeitweise in der Königinstraße 85.
Die Nationalsozialisten verfolgten Paul Hirsch als Juden und wegen seiner Krankheit. Anfang 1938 hielt er sich wahrscheinlich erstmals in einem Münchner Sanatorium für Nervenleiden auf, offenbar wegen Multipler Sklerose. Später wurde er in der Psychiatrischen Klinik in der Nußbaumstraße 7 behandelt. Ob Paul Hirsch wie seine Mutter Auguste und seine Schwester Josephine Kronheimer versuchte aus Deutschland zu fliehen, ist nicht bekannt. Am 25. April 1941 wurde er in eine Heil- und Pflegeanstalt in Bendorf-Sayn bei Koblenz eingewiesen. Helene Wingen besuchte ihn dort noch einmal: „Er konnte sich gerade noch mühsam an zwei Stöcken fortbewegen. Als wir ihn zum zweiten Mal dort besuchen wollten – es war Pfingsten 1942 –, hieß es, das ganze Sanatorium sei vor 14 Tagen evakuiert worden.“ Paul Hirsch wurde am 15. Juni 1942 mit 271 anderen Patientinnen und Patienten von Koblenz in das Vernichtungslager Sobibor deportiert. Die SS tötete fast alle Verschleppten vermutlich sofort nach Ankunft des Zuges am 19. Juni 1942. (Text Marianne Wintgen, Lektorat C. Fritsche)