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Anneliese Sänger


Maria-Einsiedel-Str. 4

Geburtsdatum:
27.07.1933
Geburtsort:
Augsburg
Todesort:
Piaski
Opfergruppe:
Als Jüdinnen und Juden Verfolgte
Form:
Erinnerungszeichen (Stele)
Anbringung:
24.05.2023

Anneliese Sänger kam am 27. Juli 1933 als Tochter von Siegfried Friedrich (Fritz) Sänger und seiner Frau Irene, geborene Lehmann, in Augsburg zur Welt. Ihr Vater betrieb zusammen mit seiner Familie das Hoch- und Tiefbauunternehmen Kleofaas & Knapp. In meiner Familie erzählt man sich, dass Anneliese ein fröhliches Kind und eine gute Schülerin war, die die Schule liebte.
Im Oktober 1938 konnte Annelieses Tante Elsie Götz in die USA fliehen. Sie bot an, Anneliese mitzunehmen, aber Irene Sänger wollte ihre kleine Tochter nicht gehen lassen. Einige Wochen später musste Anneliese miterleben, wie ihr Vater Fritz und ihr Onkel Alfred im Zuge der „Kristallnacht“ am 11. November 1938 in das Konzentrationslager Dachau verschleppt wurden. Die Nationalsozialisten setzten Fritz Sänger auf diese Weise unter Druck, damit er das Familienunternehmen Kleofaas & Knapp verkaufte und eine Lebensversicherung zugunsten von „Ariseuren“ auszahlte. Nach Fritz Sängers Entlassung aus dem KZ Dachau zog Anneliese 1939 mit ihren Eltern von Augsburg nach München in die Maria-Einsiedel-Straße 4. Bei ihnen lebten auch ihre Tante Berta Sänger und ihr Onkel Alfred Sänger. Aus Familienbriefen geht hervor, dass Annelieses Eltern verzweifelt versuchten, nach Amerika zu emigrieren, aber es war inzwischen fast unmöglich, eine Bürgschaft eines US-Bürgers sowie andere für ein US-Visum erforderliche Dokumente und Geld für die Schiffspassagen zu bekommen. Die Sängers saßen in der Falle. Annelieses Onkel Stephen Lehmann war untröstlich, dass er für seine kleine Nichte und ihre Familie keine Ausreise nach Amerika organisieren konnte.
Am 4. April 1942 wurde Anneliese mit ihren Eltern und ihrer Tante Berta in das Ghetto Piaski deportiert. Bei ihrer Verschleppung war sie acht Jahre alt. Die Bedingungen im Ghetto Piaski waren barbarisch, die Menschen starben an Hunger, Krankheiten und Schwerstarbeit – oder wurden von der SS ermordet. Als Fritz Sänger im Herbst 1942 in das nahe gelegene Zwangsarbeitslager Sawin geschickt wurde, wo er bei der Trockenlegung von Sümpfen eingesetzt wurde, konnten seine Frau und Anneliese mit ihm kommen. Dort verliert sich Annelieses Spur. Wann und wo sie ermordet wurde, ist bis heute unklar. Von den 773 jüdischen Männern, Frauen und Kindern, die 1942 von München nach Piaski verschleppt wurden, sind keine Überlebenden bekannt.
Die Nationalsozialisten ermordeten fast die ganze Familie von Anneliese Sänger: Ihre Eltern Irene und Fritz Sänger, ihre Onkel Alfred und Stephan Sänger, ihre Tanten Berta und Selma Sänger und ihre Großmutter Karoline Lehmann. (Text Nancy Freund-Heller; Lektorat C. Fritsche)


Erinnerungszeichen für die Familie Sänger

Im Gedenken an die Familie Sänger fand am 24. Mai 2023 eine Veranstaltung in der Rotunde des Stadtarchivs in der Winzererstraße statt. Im Anschluss wurden die Erinnerungszeichen für die einzelnen Familienmitglieder an ihren ehemaligen Wohnorten platziert.

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