Emilie (Emmy) Reye kam am 4. März 1883 als zweitjüngstes Kind einer alteingesessenen Hamburger Familie zur Welt. Ihr Wunsch, Schauspielerin zu werden, stieß bei ihrem Vater auf Widerstand. Doch Emmy Reye setzte durch, dass sie in Berlin tagsüber das Lehrerinnenseminar und abends das Max Reinhardt Seminar besuchen durfte, eine neugegründete Schauspielschule. Nach einer kurzen Ehe mit dem Verleger Ernst Rowohlt heiratete sie nicht noch einmal. Während des Ersten Weltkriegs und der Revolution lebte Emmy Rowohlt in München. 1922 ging sie nach Italien und Frankreich. Erst 1935 kehrte sie nach München zurück und trat am Nationaltheater und in den Kammerspielen auf.
Immer wieder geriet Emmy Rowohlt in Konflikt mit dem NS-Regime. Im Herbst 1939 wurde sie zum dritten Mal angeklagt, weil sie laut Polizeiakte öffentlich „äußerst gehässige, ketzerische und von niedriger Gesinnung zeugende Äußerungen über den Führer und andere führende Persönlichkeiten des Staates und der Regierung gemacht“ hatte. Sie wurde im Gefängnis Stadelheim inhaftiert. Wohl um sie zu schützen, erklärte der Gefängnisarzt sie für unzurechnungsfähig. Am 5. Februar 1940 wurde Emmy Rowohlt in die Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar eingewiesen. In der Krankenakte heißt es über sie: „[F]rech, völlig kritiklos, lügt, verdreht, überheblich, anspruchsvoll“. Im April 1941 floh sie, stellte sich aber wieder und wurde nun isoliert von den anderen Patientinnen und Patienten untergebracht, zum Teil in Fußfesseln. Am 1. September 1943 stufte der Anstaltsarzt Emmy Rowohlt als „lebensunwertes Leben“ ein und ließ sie ins „Hungerhaus“ verlegen. Von dort schrieb sie am 29. Dezember 1943 an ihre Schwester: „Ahntest Du meinen großen Brothunger, Du hättest sicher noch 2 dicke Scheiben Schwarzbrot dazu gelegt […] Ich habe nur noch 47 kg. Wieviel wiegst du?“ Am 28. September 1944 starb Emmy Rowohlt durch gezielten Nahrungsentzug. Die 1,68 Meter große Schauspielerin wog zuletzt nur noch 38 Kilo.
Text von Sibylle von Tiedemann