In Erinnerung an die Zerstörung der Hauptsynagoge in der Herzog-Max-Straße 85 Jahre zuvor fand am 12. Juni 2023 eine Gedenkveranstaltung für Ida und Emanuel Kirschner sowie Gisela und Leopold Goldlust statt.
Emanuel Kirschner war von 1881 bis 1926 für 45 Jahre Kantor der Hauptsynagoge München gewesen, trat als Sänger auf und lehrte Gesang und jüdische Musik an der Akademie für Tonkunst. Er lebte mit seiner Frau Ida im Gemeindehaus der Israelitischen Kultusgemeinde in der Herzog-Max-Straße 7. Als 1938 die Nationalsozialisten die Synagoge zerstörten und das Gemeindehaus der Israelitischen Kultusgemeinde beschlagnahmten, mussten Ida und Emanuel Kirschner ihre Wohnung verlassen und in das Altenheim der IKG ziehen. Emanuel Kirschner starb dort im September 1938. Ida Kirschner starb 1942 im jüdischen Altenheim an der Klenzestraße.
Leopold Goldlust und seine Frau Gisela zogen 1906 nach München. Der Requisiteur am Münchner Schauspielhaus lebte mit seiner Frau Gisela ebenfalls im Gemeindehaus der Israelitischen Kultusgemeinde. In der Pogromnacht vom 9. November vollzogen die Nationalsozialisten eine Scheinerhängung im Eingangstor des Hauses, die Leopold Goldlust nur knapp überlebte. Im Dezember 1938 wurde das Ehepaar Goldlust gezwungen, in die Sammelunterkunft der jüdischen Gemeinde zu ziehen. 1939 verhaftete die Gestapo Leopold Goldlust und verschleppte ihn ins KZ Buchenwald, wo sie ihn im Dezember 1939 ermordete. Gisela Goldlust wurde im Sommer 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie im April 1944 starb.
Ihnen zu Ehren fand am 12. Juni 2023 eine Gedenkveranstaltung an ihrem ehemaligen Wohnort in der Herzog-Max-Straße und mit Blick auf das Denkmal für die zerstörte Hauptsynagoge Münchens statt. Es sprachen Stadtrat Manuel Pretzl in Vertretung des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt München und Dr. h.c. mult. Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, gefolgt von Tobias Sauerbier, dem Vorstand der SIGNA Real Estate. Dr. Eva Tyrell von Public History München zeigte Bilder der ehemailgen Hauptsynagoge und des benachbarten Gemeindehauses der Israelitischen Kultusgemeinde. Im Anschluss wurden die Erinnerungszeichen für Emanuel und Ida Kirschner sowie Leopold und Gisela Goldlust angebracht.
Danach erzählte Ernst Grube, ein Holocaust-Überlebender aus München, von seinen Erinnerungen als Kind in der benachbarten Herzog-Max-Straße 3, wo er zusammen mit seinen eltern und Geschwistern bis 1938 lebte. David und Judy Kirschner - die eigens aus den USA angereist waren - sprachen für die Angehörigen von emanuel und Ida Kirschner, und Dr. Bernd Hontschik widmete sein in Memoriam den Bewohnern und Bewohnerinnen des Gemeindehauses. Das Schlusswort hielt Andrea Stadler-Bachmeier vom Bezirksausschuss Altstadt- Lehel. Anschließend sang Rabbiner Shmuel Aharon Brodman das El Male Rachachim.
Abends fand im jüdischen Gemeindezentrum am St.-Jakobs-Platz ein Konzert mit Lesung zu Ehren des Kantors und Komponisten Emanuel Kirschner statt. Kantor Nikola David und das Ensemble Cantus München gaben Kostproben der facettenreichen Synagogenmusik Emanuel Kirschners. Dr. Andreas Heusler berichtete über des Lebenswerks des Kantors, Religionslehrers und Komponisten. Armand Presser las aus den unveröffentlichten Erinnerungen Kirschners und weiteren historischen Quellen vor. Der musikalische Abend fand im Beisein der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, Dr. h.c. mult. Charlotte Knobloch, und des Kulturreferenten der Landeshauptstadt München, Anton Biebl, statt.