Karoline (Carry) Brachvogel, geb. Hellmann

Carry (Karoline) Brachvogel kam am 16. Juni 1864 in München als älteste Tochter des Bankiers Heinrich Hellmann und seiner Frau Zerlinda zur Welt. Sie heiratete im Februar 1887 den katholischen Schriftsteller und Redakteur Wolfgang Brachvogel. Nachdem ihr Ehemann im Sommer 1892 tödlich verunglückt war, musste die junge Witwe selbst für ihren Lebensunterhalt und den ihrer beiden kleinen Kinder sorgen. Sie begann zu schreiben und veröffentlichte bis 1933 über 40 Romane, Biografien, Erzählungen, Aufsätze, Artikel und Bühnenstücke. Carry Brachvogel unterhielt außerdem in ihrer Wohnung in der Herzogstraße 55 einen literarischen Salon, zu dem sie viele bekannte Schriftsteller und Schriftstellerinnen, Künstler und Künstlerinnen sowie bekannte Persönlichkeiten einlud. Daneben engagierte sich Carry Brachvogel in vielfältiger Weise für Frauen: Seit 1903 war sie im Münchner Verein für Fraueninteressen und gehörte später dem Vorstand an. Während des Ersten Weltkrieges gründete sie im Verein eine Nähstube für Bedürftige. Gemeinsam mit anderen rief sie außerdem 1913 den Münchner Schriftstellerinnen-Verein ins Leben. Als langjährige Vorsitzende in den 1920er Jahren gründete Carry Brachvogel außerdem einen Hilfsfond für bedürftige Journalistinnen und Schriftstellerinnen.
Weil sie als Jüdin galt, musste Carry Brachvogel 1933 den Vorsitz des Münchner Schriftstellerinnen-Vereins aufgeben und aus dem Verein austreten. Die Nationalsozialisten erteilten ihr Berufsverbot, sie konnte fortan nicht mehr publizieren. Um ihre Wohnung in der Herzogstraße dem Zugriff des NS-Regimes zu entziehen, ließ sie ihre „halbjüdische“ Tochter als Inhaberin eintragen. Im Juli 1942 wurde Carry Brachvogel mit ihrem Bruder Siegmund Hellmann nach Theresienstadt deportiert. Die Strapazen überlebten beide nicht lange: Siegmund Hellmann wurde am 20. November 1942, Carry Brachvogel am 7. Dezember 1942 ermordet. (Text Eva Strauß; Lektorat Christiane Fritsche)