Anneliese Luise Klara Treumann wurde am 7. Februar 1923 in Regensburg geboren. Nach der Trennung ihrer Eltern Martin Treumann und Martha Binswanger zog sie 1934 mit ihrer Mutter nach München in die Leopoldstraße 102. Als ihre Mutter im Januar 1937 an Multipler Sklerose starb, kümmerte sich Annelieses Großmutter Lina Binswanger um sie und zog zu ihr. Seit Oktober 1937 besuchte Anneliese eine jüdische Schule in Berlin-Grunewald. Als diese nach der „Kristallnacht“ geschlossen wurde, kehrte sie Ende 1938 nach München zurück. Dort machte sie Haushalts-, Koch- und Nähkurse, um sich auf eine Auswanderung vorzubereiten. Im Oktober 1939 mussten Anneliese Treumann und ihre Großmutter ihre Wohnung verlassen. Gemeinsam mit anderen jüdischen Frauen wurden sie zwangsweise in die Franz-Joseph-Straße 15 einquartiert.
Seit Juli 1941 musste Anneliese Zwangsarbeit in der Flachsröste Lohhof nördlich von München leisten. Anfangs konnte die 18-Jährige noch bei ihrer Großmutter wohnen und pendelte. „Sie geht morgens um 5.30 Uhr aus dem Haus und kehrt abends um 6.30 Uhr zurück, bringt Essen für den ganzen Tag mit, sie muss im Freien arbeiten“, schrieb Lina Binswanger an Verwandte. Später musste Anneliese in einer Baracke auf dem Fabrikgelände leben und war nur ab und zu am Wochenende in München. Aus Briefen geht hervor, dass sie einen Freund hatte: Hans Ney. Mit ihm traf sie sich am Münchner Bahnhof, wenn sie aus dem Arbeitslager kam. Am 4. April 1942 wurde Anneliese Treumann zusammen mit Hans Ney in das Ghetto Piaski im besetzten Polen deportiert. Anfang Mai 1942 schrieb Anneliese ihrer Großmutter, dass sie und Hans Ney heiraten wollten. Wenig später wurden die beiden getrennt: Anneliese musste Zwangsarbeit in den Sümpfen leisten. In der Gegend um Piaski verliert sich ihre Spur. Bis heute ist unklar, wann und wo Anneliese Treumann ermordet wurde. Auch ihre Großmutter Lina Binswanger und Hans Ney überlebten die Shoah nicht. (Text Mara Fazio und Claudio Lindner, Übersetzung aus dem Italienischen Adriana Borra, Lektorat C. Fritsche)