Gustav Wiener wurde am 7. Juni 1873 in Regensburg geboren und verbrachte dort mit seinen drei älteren Schwestern seine Kindheit und Jugend. Ab 1892 studierte er Medizin, zunächst in München, später in Tübingen und Breslau (heute Wrocław). Nach seiner Promotion wurde Gustav Wiener Assistenzarzt an der Königlichen Universitäts-Frauenklinik in München. Er verfasste mehrfach Artikel für Fachzeitschriften. Um 1903/04 eröffnete er in der Maximilianstraße 38 eine eigene Praxis für Frauenkrankheiten. 1912 heiratete Gustav Wiener die 13 Jahre jüngere Babette Müller aus Nürnberg. Mit ihr zog er im Juni 1932 in den zweiten Stock des Odeonsplatz 1. Dort war auch die Praxis untergebracht. Nur wenige Wochen nach Beginn der NS-Herrschaft bekamen Gustav und Babette Wiener den Hass der Nationalsozialisten auf Jüdinnen und Juden auf grausame Weise zu spüren. SA-Männer überfielen sie in der Nacht vom 28. auf 29. März 1933 – ein gezielter Terrorakt, denn die Schläger wählten bewusst die Wohnung von Gustav und Babette Wiener aus. Babette Wiener berichtete 1950: „Zwölf SA-Männer drangen in die Wohnung ein, zerstörten die Telefonleitung, demolierten die Wohnung und drangen in unser Schlafzimmer ein, während andere SA-Männer vor dem Hause Posten standen. Wir wurden uns völlig entkleidet gegenüber gestellt, wobei ich sehen musste, dass mein Mann aus allen möglichen Wunden blutete. Ihm waren auch alle Zähne eingeschlagen, beide Schienbeine waren ihm eingeschlagen und Rippenbrüche hatte er erlitten.“ Wenige Stunden später wurde Gustav Wiener freigelassen und ins Krankenhaus gebracht. Er erholte sich nicht von den Misshandlungen und starb nach monatelangem Klinikaufenthalt am 25. November 1933. Seine Witwe Babette zog wenig später nach Hohenschäftlarn. Als Nichtjüdin wurde sie nicht verfolgt. Sie starb am 3. Februar 1963. Wegen der traumatischen Ereignisse hatte sie ein schweres Herzleiden und war laufend in ärztlicher Behandlung. Der Überfall auf sie und ihren Mann wurde auch in der Nachkriegszeit juristisch nicht aufgearbeitet. (Text Dr. Eva Strauß, Lektorat C. Fritsche)