Agathe Rosendorff wurde am 24. März 1876 als Tochter des Kaufmanns Karl Koppel Rosendorff und seiner Frau Feile Fanny, auch Franziska, in Berlin geboren. Mit 19 Jahren zog sie nach München, damals neben Paris die bedeutendste Kunststadt in Europa. Dort studierte Agathe Rosendorff möglicherweise an einer der privaten Malschulen, mit denen sich viele Künstler ihren Lebensunterhalt verdienten. Sie kopierte außerdem in der Alten Pinakothek die Gemälde bekannter Künstler. 1904 heiratete sie den Rechtsanwalt Bernhard van Wien und bekam mit ihm drei Kinder: Dietrich, Anneliese und Robert. 1913 bezog die Familie in der Winzererstraße 52 eine hochherrschaftliche Wohnung mit Bibliothek und Herrenzimmer. In den 1920er Jahren erkrankte Bernhard van Wien schwer; er starb 1927 im Alter von nur 51 Jahren. Um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, vermietete Agathe van Wien in einer Zehn-Zimmer-Wohnung in der Kaulbachstraße 33 Räume unter. 1935 starb ihr jüngster Sohn Robert im Alter von nur 25 Jahren. Die Todesursache ist unbekannt.
Mit Beginn der NS-Herrschaft änderte sich das Leben der jüdischen Familie grundlegend. Agathe van Wien und ihre Kinder waren zunehmend Ausgrenzung und Terror ausgesetzt. Ihr Sohn Dietrich verlor seine Zulassung als Rechtsanwalt, ihre Tochter Anneliese wurde im September 1938 als schizophren in die Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar eingewiesen und dort zwangssterilisiert. Im September 1940 wurde Anneliese van Wien in der Tötungsanstalt Schloss Hartheim ermordet. Unterdessen übte das Gewerbeamt der Stadt München immer stärkeren Druck auf Agathe van Wien aus, damit diese ihre Zimmervermietung schloss. Im Oktober 1941 musste sie die Kaulbachstraße 33 verlassen und in ein „Judenhaus“ in der Richard-Wagner-Straße 11 ziehen. Am 3. Juli 1942 wurde Agathe van Wien ins Ghetto Theresienstadt deportiert und später von dort aus in das Vernichtungslager Treblinka. Sie wurde vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet; der genaue Todestag steht nicht fest. Ihr Sohn Dietrich hatte im Oktober 1939 in die USA fliehen können. (Lektorat C. Fritsche)